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Wildunfallprävention

Verkehrsunfälle unter Beteiligung von Wild sind seit langem ein Risiko für die Verkehrssicherheit. Die Zahl der statistisch erfassten, folgenschweren Wildunfälle ist 2021 im Vergleich zum Vorjahr leicht gestiegen. Das Schadensaufkommen an PKW durch Wildunfälle ist 2021 ebenfalls weiter gestiegen – auf 940 Millionen Euro. Neben dem Risiko für die Verkehrssicherheit gefährden Wildunfälle den Bestand bedrohter Arten und sind Ausdruck der Barrierewirkung von Straßen.

Das Bild zeigt ein angefahrenes Wildschwein neben einer Straße und Feuerwehr im Hintergrund (Bild: Pete_Flyer / iStock / Getty Images Plus)

Zur Wildunfallprävention werden derzeit vermehrt Wildwechselverkehrsschilder, Wildschutzzäune, Wildwarnanlagen und Wildwarner (auditiv, olfaktorisch, visuell) eingesetzt. Zur Wirksamkeit dieser und weiterer Maßnahmen liegen jedoch nur wenige gesicherte Erkenntnisse vor.

Das beständige Risiko für die Verkehrssicherheit und die bisher unvollständige Erkenntnislage über die Konzeption und Wirkung von Maßnahmen zur Wildunfallprävention begründen eine vielschichtige und konsolidierte Untersuchungsreihe über Ursachen von Wildunfällen und Maßnahmen zur Vorbeugung.

Die BASt bearbeitet in diesem Bereich folgende Themenschwerpunkte:

Wildunfälle

Ziel

Identifikation der Verkehrssicherheitsdefizite und Bereitstellung einer Datenquelle für weitere Analysen

Statistiken

In der Unfallstatistik des Bundes werden Wildunfälle einhergehend mit schwerem Personenschaden oder Getöteten erfasst. Der weitaus größte Teil der Verkehrsunfälle unter Beteiligung von Wild sind „Bagatellunfälle“, die polizeilich nicht in jedem Bundesland erfasst werden. So ist häufig nicht bekannt, an welchen Straßenabschnitten sich Wildunfallhäufungsstellen befinden. Zur effektiven Steuerung von Wildunfallpräventionsmaßnahmen wird ein einheitlicher Standard sowie Datentransparenz bei der Erfassung von Wildunfällen benötigt. Eine Bestandsaufnahme der Unfallaufnahmemodalitäten und eine Ergänzung und gegebenenfalls Ertüchtigung weiterer Datenquellen, wie etwa Tierfundkataster und Fallwildmeldungen, können die Datenbasis über Wildunfälle erheblich verbessern und die Grundlage für weiterführende Analysen bilden.

Analysen mit geographischen Informationssystemen (GIS)

Wildunfallpräventionsmaßnahmen sollen Unfallschwerpunkte entschärfen. Deshalb ist es zunächst notwendig, die Wildunfallzahlen an Bundesstraßen in allen Bundesländern zu evaluieren und Wildunfallschwerpunkte zu ermitteln. Die Unfallschwerpunkte sollen in einer GIS-Analyse so aufbereitet werden, dass ökologische Ursachen für Unfallhäufungen erkennbar werden und daraus wissenschaftlich fundierte Hinweise für geeignete Präventionsmaßnahmen an Straßenabschnitten mit erhöhtem Wildunfallpotenzial gegeben werden können.

Faktor Wild

Ziel

Beeinflussung des Wildes zur Vermeidung von Konflikten

Querungsverhalten

Über das Verhalten von Wildtieren an Straßen ist bisher wenig bekannt. Eine Untersuchung zur Wahrnehmung der Straße und des Straßenverkehrs durch Rehe mittels GPS-gestützter Raumnutzungsbeobachtung bestätigt eine große Varianz im Verhalten der Tiere im Straßenraum. Rehe, die Straßen in ihren Lebensraum integriert haben und sich an Straßenraum und Straßenverkehr angepasst haben, meiden die Straßen selbst am Tag nur selten.

Beeinflussungsmöglichkeiten (Duft, Lärm etc.)

Um die Wildtiere von der Fahrbahn fernzuhalten, wurden vielfältige Methoden entwickelt. Vor allem Duftbarrieren, Reflektoren sowie akustische Wildwarner und Kombiprodukte werden durch Jagdausübungsberechtigte sowie einige Straßenbauverwaltungen an Straßen angebracht. Aussagen über die Wirksamkeit der Maßnahmen konnten bisher nicht zuverlässig abgeleitet werden, da entweder der Untersuchungsrahmen oder die angewendeten Methoden wissenschaftlich nicht einwandfrei verwendet wurden. Zurzeit werden von verschiedenen Institutionen Forschungen und Erhebungen durchgeführt, in denen mit statistischen Auswertungen der Veränderung von Unfallhäufigkeiten die Beeinflussung des Wildes durch Duftbarrieren und Wildwarner ermittelt werden soll.

Wirkungsweise Wildwarnreflektoren

Das lichttechnische Wirkprinzip von optischen Wildwarnern wurde bereits untersucht. Die Ergebnisse führten insgesamt zu der Erkenntnis, dass mit Wildwarnreflektoren keine ausreichenden optischen Reize für Wildtiere generiert werden können, die eine Verhaltensänderung der Tiere zuverlässig induzieren könnte.

Faktor Mensch

Ziel

Beeinflussung der Verkehrsteilnehmer bei drohenden Konflikten mit Wild

Fahrverhalten

Es liegen Erkenntnisse vor, nach denen in einigen Fällen die Unfallzahlen an mit Reflektoren ausgestatteten Strecken zumindest vorübergehend sinken. Nachdem die Wildwarnreflektoren keine zuverlässige Beeinflussung des Wildes erwarten lassen, stellt sich die Frage, ob und in wie weit Wildwarnreflektoren eine Wirkung auf das Verhalten der Verkehrsteilnehmer haben. Eine Befragung in Bezug auf die Kenntnis zu Wildwarnreflektoren legt nahe, dass Verkehrsteilnehmer Wildwarnreflektoren und ihren beabsichtigten Nutzen kennen und möglicherweise ihr Fahrverhalten auf entsprechend ausgestatteten Strecken verändern. Eine interne Pilotstudie mithilfe von Testfahrten über eine mit Wildwarnreflektoren ausgestattete Strecke im Fahrsimulator ergab dagegen keine signifikanten Hinweise darauf, dass Wildwarnreflektoren einen warnenden Effekt auf den Fahrzeugführer haben. Die Wirkung und die Grenzen der Anwendung statischer Hinweise auf mögliche Konflikte mit Wild zur lokalen Beeinflussung der Verkehrsteilnehmer sind zu untersuchen.

Wirkung Wildwarnanlagen

Mithilfe von Wildwarnanlagen soll die Wildunfallzahl in stark betroffenen Straßenabschnitten reduziert werden. Die Funktionsweise elektronischer Wildwarnanlagen an Bundesstraßen basiert dem Prinzip, einen für Wildtiere durchlässigen Straßenbereich einzurichten, indem Kraftfahrzeugführer vor der Gefahr einer Kollision mit einem Tier durch sensorgestützt ausgelöste, aktive Signaltafeln gewarnt werden. Im Forschungsschwerpunkt ist die Wirksamkeit von sechs der neun in Deutschland existierenden Wildwarnanlagen untersucht worden. Im Ergebnis besteht Verbesserungspotenzial, insbesondere

  • bei der Durchsetzung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit bei ausgelöster Warnanlage,
  • zur Verringerung von Fehlauslösungen durch Vegetation und technischer Fehlfunktionen der Warnanlagen,
  • zur Verkürzung der Verweilzeiten von Wildtieren im Sensorbereich durch z.B. wildunattraktive Vegetation,
  • zur Vermeidung von Störungen durch Präsenz von Menschen im direkten Anlagenbereich.

Da europäisch sowie international vergleichbare Anforderungen an Wildwarnanlagen gelten, wird die Erstellung eines Leitfadens zur Anlage von Wildwarnanlagen empfohlen.

Auswirkungen automatisiertes Fahren

Automatisierte Fahrerassistenzsysteme leisten einen Beitrag zur Verkehrssicherheit, indem sie Fahrfehler ausgleichen und den Fahrzeugführer entlasten. Durch die Übermittlung relevanter Informationen durch Fahrzeugsensoren sowie infrastrukturell angebrachte Sensoren können Tierquerungen an Wildwarnanlagen direkt im Fahrzeug angezeigt werden. Sensoren im Fahrzeug können auch auf Hindernisse im Straßenseitenraum reagieren. Informationen mittels eines Warn- und Informationssystems oder Applikation können präventive Warnungen vor Wildwechsel direkt im Fahrzeug angezeigt werden, über Sensoren am Fahrzeug kann auf Hindernisse im Straßenseitenraum reagiert werden. Ziel des Forschungsvorhabens ist es, das Potenzial von Warn- und Informationsfunktionen sowie intervenierenden Funktionen zur Vermeidung von Wildunfällen zu ergründen. Dies erfordert eine Untersuchung über die Wirksamkeit von fahrzeugseitigen Sensoren bezüglich der Erkennung von Wildtieren sowie der Nutzbarkeit/Zuverlässigkeit wildunfallrelevanter Informationen (latente und konkrete Informationen/Warnungen) mit dem Ziel einer wirksamen Wildunfallvermeidung. Im Ergebnis soll eine Potentialabschätzung der untersuchten Systeme unter Berücksichtigung des Standes der Technik sowie eine vergleichende Betrachtung aller identifizierten Lösungsansätze vorgenommen werden.

Faktor Infrastruktur (Agrar-/Straßen)

Ziel

Vermeidung von Konfliktsituationen Wild / Verkehr

Wildschutzzäune

Um Unfälle zu vermeiden, werden insbesondere an hoch frequentierten Bundesfernstraßen, Wildschutzzäune eingesetzt. So werden in Anwendung der Wildschutzzaunrichtlinie (WSchZR, 1985) erhebliche Mittel in Schutzanlagen zur Erhöhung der Verkehrssicherheit investiert. Zur Verbesserung der Effizienz von Wildschutzzäunen und zur Weiterentwicklung der zugrundeliegenden Regelwerke sowie deren Anpassung an neuere Anforderungslagen sind die beauftragten Untersuchungen abgeschlossen worden, die Ergebnisse gehen in die Fortschreibung der Wildschutzzaun-Richtlinien ein.

Landnutzung

Das Nahrungsangebot für Wildtiere hat sich in den letzten Jahrzehnten durch einen agrarstrukturellen Wandel, Emissionen und den Klimawandel verändert. Häufig sind die für die Planung von Wildschutzzäunen relevanten Tierbestände gestiegen. Die Trennwirkung von Straßen zwischen Ruhe- und Nahrungshabitat führt zeitgleich zu Konflikten. Aus diesem Grund ist zu untersuchen, welchen Einfluss die agrarische Nutzung oder die Nutzung durch Ausgleichs- beziehungsweise Kompensationsflächen an Straßen mit Wildunfallschwerpunkten auf die Wildunfallhäufigkeit hat und wie dieser zu quantifizieren ist.

Lebensräume / Vernetzung

Lebensräume von Wildtieren in Deutschland werden durch das dichte Verkehrsnetz sowie das zunehmende Verkehrsaufkommen zerschnitten. Diese Flächenverluste verkleinern und isolieren Tierlebensräume. Das hohe Verkehrsaufkommen führt zu Tierverlusten, die bei gefährdeten Arten populationsbedrohend werden können. Auch Störungen durch das Freizeitverhalten von Menschen führen zu veränderter Nutzung der Lebensräume. Durch Vernetzung dieser Räume mittels Grünbrücken und der Einrichtung von Ruhezonen können zerschnittene Bereiche verbunden sowie Wildunfallzahlen verringert werden.

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