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Modelltunnel

Um die Sicherheit von Straßentunneln zu beurteilen, muss das Gesamtsystem sowie das Zusammenwirken der einzelnen Komponenten betrachtet werden. Das System umfasst dabei die Nutzerinnen und Nutzer des Tunnels, das Tunnelbauwerk, den Tunnelbetrieb sowie die Fahrzeuge.

Das Bild zeigt den Modelltunnel der BASt

Die Tunnellüftung und deren Auslegung ist ein wesentliches Ausstattungselement, vor allem für die Selbstrettung und erfolgreiche Evakuierung im Brandfall. Aufgrund der steigenden Komplexität von Straßentunneln – und damit auch der lüftungstechnischen Ausstattung – soll die bisherige Vorgehensweise bei der Festlegung lüftungstechnischer Einrichtungen weiterentwickelt werden.

Insbesondere Brände sind bei der Benutzung von Tunneln ein mögliches Risiko. Im Vordergrund steht bei einem Brandfall zunächst die Selbstrettung. Diese wird durch die betriebstechnische Ausstattung des Tunnels unterstützt. Hierbei spielt vor allem der richtige Einsatz der Tunnellüftungssysteme eine entscheidende Rolle. Anforderungen an das Lüftungssystem, die Instandhaltung und den Betrieb sind im Regelwerk beschrieben.

Um das Risiko und den Umfang des Ausfalls eines Lüftungssystems zu minimieren, gibt es einheitliche Sicherheitsstandards, die im Regelwerk festgelegt sind. Da aber jeder Tunnel aufgrund seiner Lage und den vorherrschenden Gegebenheiten einzigartig ist, sind im Ausnahmefall Sonderlösungen erforderlich.

Der Tunnel im Labor

Seit 2016 steht in der BASt mit dem Modelltunnel ein Werkzeug zur Verfügung, mit dem auch komplexe Tunnelgeometrien im Maßstab 1:18 nachgebildet und auf lüftungstechnische Fragestellungen hin untersucht werden können.

Der Tunnel wurde in den Jahren 2012 bis 2015 im Auftrag der BASt von der RWTH Aachen entwickelt, gebaut und getestet. Finanziert hat das Projekt das Bundesverkehrsministerium.

Die Anlage

Derzeit bietet der Modeltunnel die Möglichkeit, durch eine modulare Bauweise Tunnel von einer Länge bis zu 790 Metern nachzubilden. Hierbei lassen sich folgend Parameter einstellen:

  • Trassierung und Querschnitt, inklusive Querschnittsänderungen
  • Längs- und Querneigung
  • Lüfteranordnung, -position, -größe und -geschwindigkeit
  • Pannenbuchten, Decken- und Seitenvouten, Ein- und Ausfahrten
  • Verkehrszeichen und andere betriebstechnische Einbauten

Darüber hinaus ermöglicht er, stehenden und bewegten Verkehr zu simulieren. Hierbei lässt sich der Tunnel entweder als Richtungs- oder als Gegenverkehrstunnel betreiben. Gleichzeitig können sich bis zu 40 Fahrzeuge, bei einem Lkw-Anteil von 25 Prozent, auf dem Rundkurs bewegen.

Die Untersuchungen

Neben der klassischen Messung der Strömungsverhältnisse mittels Erfassung von Druckdifferenzen, steht als innovatives Messverfahren auch die Particle-lmage-Velocimetry (PIV) zur Verfügung. Hierbei werden feinste Partikel mit einem Helium-Druckluft-Gemisch in den Luftstrom im Tunnel eingeleitet.

Ein leistungsstarker Laser beleuchtet den zu untersuchenden Tunnelabschnitt und macht es möglich, mit einer hochempfindlichen Kamera die Partikel abzulichten. Aus diesen Aufnahmen werden mittels mehrerer Computerprogramme die Strömungsverhältnisse im Tunnel berechnet.

Das Bild zeigt den PIV-Arbeitsplatz sowie den Aufbau einer PIV-Messung mit einer Kamera (Bild: eigene Darstellung in Anlehnung an  Markus Oeser et al., 2016) PIV-Arbeitsplatz (links) und Aufbau einer PIV-Messung mit einer Kamera (rechts; Bild: eigene Darstellung in Anlehnung an Markus Oeser et al., 2016)

Es können sowohl zwei- als auch dreidimensionale Abbildungen erstellt werden. Die dreidimensionale Betrachtung erfolgt mit zwei in einem definierten Winkel zueinander aufgestellten Kameras, die das Geschehen gleichzeitig aufnehmen. Durch den stereoskopischen Effekt dieser Methode werden Aussagen zur räumlichen Verteilung der Strömung möglich.

Der Nutzen

Der Modelltunnel soll – neben grundsätzlichen Untersuchungen von Strömungen – auch als Prüfwerkzeug für Sonderlösungen und deren wirtschaftliche Optimierung zum Einsatz kommen.

Bisher ausschließlich numerisch berechnete Sonderlösungen nähern sich oftmals der Realität nur bis zu einem gewissen Grad an. Aufgrund dieser Unwägbarkeiten führt die Umsetzung solcher Lösungen in die Praxis vielfach zum Einsatz eines höheren Sicherheitsfaktors als erforderlich, der zu vermeidbar höheren Kosten führt.

Ein weiterer Vorteil ist die Simulation des bewegten Verkehrs im Modelltunnel. Die Simulation kommt den späteren Einsatzbedingungen näher als alle Tests, die bisher in Tunneln angewandt werden, und ermöglicht eine Abschätzung der verkehrlichen Einflüsse.

Weitere Forschungsschwerpunkte

Als weitere Schritte sind in der BASt der Abgleich von Ergebnissen des Modelltunnels mit Realbrandversuchen sowie strömungstechnische Untersuchungen des bewegten Verkehrs bei variierenden Tunnelgeometrien geplant.

Mittelfristig soll durch die Kombination aus Modelltunnel in Verbindung mit verbesserten numerischen Simulationsmöglichkeiten ein Werkzeug bereitgestellt werden, das eine objektive und nachvollziehbare Bestimmung der Sicherheitseinrichtungen unter wirtschaftlichen, sicherheitstechnischen und bautechnischen Gesichtspunkten ermöglicht. Dies gilt für die Planung neuer als auch für die Nachrüstung bestehender Tunnelbauwerke.

Die Erweiterung des Modelltunnels um zusätzliche Geometrien, Lüftungssysteme und Trassierungselemente ist möglich.

Technische Daten

  • Maßstab 1:18
  • Maximale Aufbaulänge 44 m ≙ 792 m in Realität
  • Maßstäblich dargestellte Lüftergrößen für mechanische Längslüftung: 500, 710, 900 mm
  • Lüftergeschwindigkeit bis 30 m/s
  • Längsneigung 0 bis 6 %
  • Querneigung 2,5 bis 7 %
  • Maul- und Rechteckprofil mit 2 Fahrstreifen (entsprechend den RQ 11 t und RQ 31 t)
  • Richtungs- und Gegenverkehrsbetrieb
  • PIV-Messsystem 2C (eine Kamera) und 3C (zwei Kameras)
Fachbetreuung: Felix Wawrzyniak