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Verkehrsanalysesystem (VAS) – Weiterentwicklung der Baubetriebsplanung

Hintergrund

Das Bild zeigt eine Baustelle auf einer Autobahn prill/iStock/Getty Images Plus

Der Planung und Koordination von Arbeitsstellen, insbesondere auf Autobahnen, kommt eine immer größere Bedeutung zu. Bereits 2011 wurde der von einer Bund/Länder-Arbeitsgruppe unter Leitung der BASt erarbeitete „Leitfaden zum Arbeitsstellenmanagement auf Bundesautobahnen“ durch das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung eingeführt. Ziel des Arbeitsstellenmanagements ist es, eine möglichst weitgehende Verfügbarkeit des Verkehrsraumes bei gleichzeitiger Wirtschaftlichkeit der durchzuführenden Arbeiten zu gewährleisten. Dadurch sollen das Eintrittsrisiko, die Dauer und die Auswirkungen von arbeitsstellenbedingten verkehrlichen Störfällen sowie Konflikte zwischen verschiedenen Maßnahmen auf ein unvermeidliches Minimum reduziert werden. Eine wesentliche Basis dafür ist eine Bewertung der Auswirkungen von Arbeitsstellen auf den Verkehrsablauf.

Der Leitfaden enthält in seinen Ausführungshinweisen ein einfaches Handrechenverfahren zur Betrachtung einzelner Spitzenstunden, das in mehreren Bundesländern angewendet wurde. Einzelne Bundesländer arbeiten bereits mit IT-Verfahren, die die Dauer und den Zeitpunkt der Durchführung einer Arbeitsstelle berücksichtigen. Eine übergeordnete Prüfung und Koordination der Arbeitsstellen auf Bundesautobahnen erfolgt durch das als Fachaufsicht fungierende Bundesverkehrsministerium (BMVI) im Rahmen der sogenannten „koordinierten Baubetriebsplanung“. Hierzu meldeten die Bundesländer bisher gemäß Allgemeinem Rundschreiben Straßenbau (ARS) Nr. 04/2011 ihre Arbeitsstellen ab einer Dauer von 4 Tagen 4-mal jährlich an das BMVI, das die geplanten Ausführungen überprüft und gegebenenfalls Hinweise oder Rückfragen zu den Planungen gibt. Diese Arbeitsstellen waren zudem durch die Länder direkt oder durch einen sogenannten BIS-Client über den „Mobilitäts Daten Marktplatz“ (MDM) zu publizieren.

Sämtliche Aufgaben der Bundesländer, welche sich auf den Bau, den Betrieb und die Erhaltung von Bundesautobahnen beziehen, sind seit Januar 2021 auf die neu gegründete Autobahn GmbH des Bundes (AdB) übergegangen. Die Fachaufsicht verbleibt vorerst beim BMVI und wird mittelfristig an das ebenfalls neu gegründete Fernstraßenbundesamt (FBA) übertragen.

Aufbauend auf den Forderungen des Leitfadens zum Arbeitsstellenmanagement wurde zwischen 2018 und 2021 das Verkehrsanalysesystem (VAS) entwickelt. Das VAS ist ein IT-System zur Unterstützung der Arbeitsstellenplanung und -koordination, mit dem erstmalig ein bundesweit einsatzfähiges und einheitliches Werkzeug für die Bewertung der verkehrlichen Auswirkungen von Arbeitsstellen auf BAB und deren volkswirtschaftlicher Kosten gemäß der zukünftigen „Richtlinien für Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen an Straßen (RWS)“ zur Verfügung steht.

Die Bewertung der verkehrlichen Auswirkungen von Arbeitsstellen für Bauarbeiten ab 4 Tagen Dauer auf Bundesautobahnen ist seit dem 1. Mai 2021 für die Niederlassungen der AdB verpflichtend über das VAS durchzuführen. Das bisherige Verfahren zur Meldung von geplanten Maßnahmen an die Fachaufsicht im Rahmen der koordinierten Baubetriebsplanung und die Publikation geplanter Maßnahmen über den MDM werden ebenfalls durch das VAS abgelöst. Das VAS wird dabei sowohl von den Niederlassungen der AdB als auch vom BMVI für ihre jeweiligen Aufgaben genutzt. Mit der flächendeckenden Anwendung des VAS können potenziell stauträchtige Planungen durch die Bündelung in einem bundesweitem IT-System besser erkannt, gegenübergestellt und ggfls. durch verträgliche Bauformen ersetzt werden.

In späteren Entwicklungsstufen soll das VAS zu einem umfassenden Bewertungsinstrument des Verkehrsablaufs auf Bundesautobahnen insbesondere für Forschungsfragen weiterentwickelt werden. Das VAS wird von der BASt technisch betreut und fachübergreifend kontinuierlich weiterentwickelt. Der technische Betrieb des VAS wird durch einen externen Dienstleister im Auftrag der BASt gesteuert.

Bewertungsmethodik des VAS

Die Bewertungsansätze des VAS beruhen grundsätzlich auf dem „Handbuch zur Bemessung von Straßenverkehrsanlagen (HBS)“ und der bereits genannten RWS.

Auf Basis der Lage einer geplanten Arbeitsstelle prognostiziert das VAS zunächst die zukünftige Verkehrsnachfrage für jede Stunde des Bauzeitraumes. Dafür werden die Verkehrsnachfragedaten des Dauerzählstellennetzes der letzten fünf Jahre sowie die Angaben zum durchschnittlichen täglichen Verkehr aus den manuellen Straßenverkehrszählungen (SVZ) berücksichtigt.

Die Grafik zeigt den prognostizierter Tagesverlauf der Verkehrsnachfrage an einer Arbeitsstelle Prognostizierter Tagesverlauf der Verkehrsnachfrage an einer Arbeitsstelle, aufgeteilt nach Leichtverkehr und Schwerverkehr

Zudem ermittelt das VAS mit im System hinterlegten Streckenparametern (basierend auf dem Bundesinformationssystem Straße – BISStra) und durch von einem Arbeitsstellenplaner festgelegten Arbeitsstelleneigenschaften die Kapazität der Arbeitsstelle. Diese wird unter anderem durch die Anzahl der verbleibenden Fahrstreifen, die Längsneigung der Strecke, den Schwerverkehrsanteil und die Fahrstreifenbreiten beeinflusst. Das VAS modelliert für jede Stunde den Verkehrsablauf und bewertet die Verkehrsqualität durch einen Vergleich der zuvor errechneten Verkehrsnachfrage mit der ermittelten Kapazität. Dazu wird auf ein deterministisches Warteschlangenmodell zurückgegriffen, mit welchem auch staubedingte Fahrtzeitverluste bestimmt werden können. Vereinfacht ausgedrückt bildet sich immer dann ein Stau, wenn die prognostizierte Verkehrsnachfrage größer als die berechnete Kapazität ist. Der betrachtete Abschnitt gilt dann als „überlastet“.

Die Grafik zeigt ein Diagramm zur berechneten Staulänge an einer Arbeitsstelle Berechnete Staulänge an einer Arbeitsstelle über den gesamten Einrichtungszeitraum

In Anlehnung an die Kennwerte aus den RWS ermittelt das VAS anschließend für die gesamte Arbeitsstelle die zu erwartenden volkswirtschaftlichen Kosten in Gegenüberstellung zur Situation ohne die Arbeitsstelle. Dabei werden neben den reinen Fahrtzeitverlusten auch die Emissionskosten und der Kraftstoffverbrauch berücksichtigt. In einem weiteren Entwicklungsschritt sollen zukünftig zu erwartende Unfallkosten in die Berechnung einfließen. Anschließend bewertet das VAS, ob die gewählte Form der Arbeitsstelle den Anforderungen aus dem Leitfaden zum Arbeitsstellenmanagement entspricht. Dabei wird nach einem Ampelsystem bewertet, ob eine Arbeitsstelle zum Beispiel zu lang, die gewählte Verkehrsführung zu schmal oder die Anzahl der verbleibenden Fahrstreifen zu gering ist. Der Planer wird vom VAS darüber informiert, was der Grund für eine negative Bewertung ist. Das VAS ermöglicht auch den Vergleich von mehreren verschiedenen Varianten derselben Arbeitsstelle und stellt damit ein wirkungsvolles Werkzeug zur Verringerung der Verkehrsbeeinträchtigungen dar.

Prozessbeschreibung

Arbeitsstellenplaner haben die Möglichkeit, ihre Arbeitsstellen über eine Web-Maske in das VAS einzugeben, zu bewerten und im Kontext zu weiteren geplanten Arbeitsstellen im Umfeld zu sehen. Somit haben sie die Möglichkeit, schon in frühen Phasen der Projektplanung (zum Beispiel der Erhaltungsplanung) Arbeitsstellen zu erstellen und bewerten zu lassen. Nach abgeschlossener Planungsphase und Abstimmung innerhalb der Organisationseinheit können die Planer die Vorzugsvarianten ihrer Arbeitsstellen der Fachaufsicht zur finalen Prüfung vorlegen. Hat die Fachaufsicht zu einer geplanten Arbeitsstelle Rückfragen, kann sie diese an die Planer zur Kommentierung zurückgeben.

Die finale Arbeitsstellenmeldung kann über das VAS an den MDM zur Publikation übertragen werden. Damit stehen die wichtigsten Angaben zu geplanten Arbeitsstellen auch anderen Datenabnehmern zur Verfügung. Änderungen an Arbeitsstellen, die nach Sichtung durch das BMVI eingetragen wurden, werden vom System dokumentiert. Bei signifikanten Änderungen ist eine erneute Bewertung durchzuführen. So soll sichergestellt werden, dass auch für die realisierte Ausführung der Arbeitsstelle passende Bewertungsergebnisse vorliegen.

Neben der Web-Oberfläche wird den Planern auch eine externe Schnittstelle zum VAS zur Verfügung gestellt. Über diese haben sie die Möglichkeit, über ihr eigenes Arbeitsstellenmanagementsystem direkt mit dem VAS zu kommunizieren und Arbeitsstellendaten sowie Bewertungsergebnisse auszutauschen. Dies hat den Vorteil, dass Arbeitsstellendaten nicht in mehreren Systemen manuell eingegeben werden müssen. Für den Austausch wird das DATEX-II Format (Baustellenprofil 4.0 mit VAS-spezifischen Erweiterungen) genutzt.

Das VAS baut auf Basis der eingegebenen Arbeitsstellen erstmalig eine bundesweite Arbeitsstellendatenbank auf, die für anschließende Forschungsfragen und statistische Auswertungen genutzt werden kann. So können zukünftig Fragen zur Entwicklung, Anzahl, Länge und Dauer von Arbeitsstellen einfacher und bundesweit einheitlich beantwortet werden.

Aktueller Stand und nächste Schritte

Die im Januar 2018 gestartete Entwicklung des VAS wurde nach einem abschließendem dreimonatigen Probebetrieb unter Beteiligung der Länder und der AdB im Januar 2021 erfolgreich abgeschlossen. Darauf startete ein 3-monatiger Pilotbetrieb unter verstärkter Einbindung der AdB, in Rahmen dessen noch bestehender Anpassungsbedarf für das VAS ermittelt worden ist.

Im Mai 2021 folgte der Start des Produktivbetriebs mit einer konsolidierten Version des VAS (v1.1.1). Die Veröffentlichung der mit dem VAS geplanten Arbeitsstellen über den MDM erfolgt derzeit schrittweise. Das VAS löst damit das bisher genutzte „Baustelleninformationssystem des Bundes und der Länder“ ab. Die Nutzer der bisherigen MDM-Publikationen des Baustelleninformationssystems werden rechtzeitig über den Übergang informiert.

Bereits bestehende Ideen zur Weiterentwicklung des VAS werden aktuell fachlich abgestimmt und sollen schrittweise implementiert werden.