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Fahrerassistenzsysteme für ältere Kraftfahrer

In den kommenden Jahrzehnten wird als Folge des demografischen Wandels die Zahl älterer Menschen deutlich steigen. Daher ist es wichtig, sich stärker als bisher mit dem Thema „Erhalt der Mobilität im Alter“ auseinanderzusetzen.

Das Foto zeigt eine Versuchsperson. Test am Computer: Proband an ein EEG angeschlossen (Quelle: BASt)

Aufgabenstellung

Aus sozialen und volkswirtschaftlichen Gründen muss es das Ziel sein, die Mobilität älterer Menschen so lange wie möglich zu erhalten. Daraus ergeben sich zwangsläufig Fragen zur allgemeinen Verkehrssicherheit. Wissenschaftliche Untersuchungen belegen, dass ältere Kraftfahrer spezifische Fahrfehler aufweisen, die sie offensichtlich nicht mehr durch ihre Fahrerfahrung kompensieren können.

Das Forschungsprojekt liefert Erkenntnisse über die Ursachen spezifischer Fahrfehler älterer Menschen, die wesentlich sind, um daraus Ansatzpunkte für die Entwicklung von Fahrerassistenzsystemen abzuleiten.

Untersuchungsmethode

Ausgehend von einer allgemeinen Beschreibung des Wissensstandes zu altersbedingten Einschränkungen, insbesondere der visuellen Wahrnehmung sowie kognitiver und motorischer Fähigkeiten, wurde ein methodischer Ansatz für ein Laborexperiment entwickelt. Der Test am Computer war eine Kombination aus einer Spurhalteaufgabe und einer Lichtreizaufgabe. Die Probanden mussten auf Lichtreize reagieren, die beidseitig und in zwei verschiedenen Abständen vom zentralen Punkt des Sehens (20 Grad und 60 Grad) präsentiert wurden. Das Testkollektiv bestand aus Kraftfahrern im Alter von über 65 Jahren und Kraftfahrern zwischen 22 und 45 Jahren.

Um Aufschluss über mögliche Ursachen altersbedingter Leistungsbeeinträchtigungen erhalten zu können, wurde neben der Erfassung von Verhaltensdaten (Spurabweichungen, Reaktionszeit, Anzahl der Auslassungen) die Hirnaktivität mit Hilfe eines Elektroenzephalogramms (EEG) abgeleitet. Die damit abgeleiteten ereigniskorrelierten Potenziale ermöglichen Einblicke in die zugrunde liegenden neuronalen Verarbeitungsmechanismen.

Ergebnisse

Wie erwartet, zeigten die Älteren in der Spurhalteaufgabe schlechtere Leistungen als die Jüngeren. Das gilt besonders bei gleichzeitiger Durchführung der Lichtreizaufgabe (Doppel-Aufgabe). In der Lichtreizaufgabe unterschieden sich die Leistungen der Altersgruppen nur bei Lichtreizen, die im Sehwinkel von 60 Grad auftraten. Die Älteren reagierten hier langsamer und zeigten mehr Auslassungen als die Jüngeren.

Die mit dem Elektroenzephalogramm abgeleiteten ereigniskorrelierten Potenziale (EKP) machten deutlich, dass die Defizite Älterer nicht in einer Einschränkung der frühen visuellen Verarbeitung peripherer Reize (P1) liegen. Die P1-Amplitude war bei Älteren sogar höher als bei Jüngeren, was bedeutet, dass Ältere mehr Ressourcen für die frühe Reizverarbeitung zur Verfügung stellen. Die N2-Amplitude, die Hinweise auf die Ablösung und Verschiebung der Aufmerksamkeit gibt, war bei Jüngeren hingegen bei weiter peripher liegenden Reizen (60 Grad Sehwinkel) erhöht. Das heißt, Jüngere reagierten unter der schwierigeren Aufgabenbedingung mit einer erhöhten frontalen Kontrollaktivität, um einen reibungslosen Handlungsablauf zu gewährleisten.

Die Orientierung auf neue periphere Reize (P3a) sowie die Zuweisung von Ressourcen für die Bewältigung der Detektionsaufgabe (P3b) war bei Älteren ebenfalls verzögert und abgeschwächt. Insgesamt zeigten die Versuche, dass die schlechteren Leistungen älterer Versuchspersonen nicht auf periphere Sehleistungsmängel zurückzuführen sind, sondern einem späteren kognitiven Verarbeitungsprozess (Aufmerksamkeitsablösung / -verschiebung, Orientierung auf neue Reize sowie Bereitstellung von zusätzlichen Ressourcen zur Bewältigung der Aufgabe) zugrunde liegen.

Folgerungen

Mit Hilfe des Forschungsprojekts konnte gezeigt werden, dass die visuellen Aufmerksamkeitsleistungen älterer Kraftfahrer bei der Detektion visueller peripherer Reize und bei gleichzeitiger Durchführung einer fahrähnlichen Aufgabe signifikant geringer ausfielen als bei jüngeren Fahrern. Diese Aufmerksamkeitsdefizite sind nicht auf periphere Sehleistungsmängel zurückzuführen, sondern auf späte kognitive Verarbeitungsprozesse. Hieraus ergeben sich Ansatzpunkte für die (Weiter)- Entwicklung von Fahrerassistenz­systemen. Die Aufmerksamkeitsdefizite älterer Fahrer könnten beispielsweise dadurch kompensiert werden, dass relevante periphere Verkehrsreize wie Radfahrer und Fußgänger durch technische Systeme erfasst und dem Fahrer frühzeitig und gut erkennbar (etwa durch ein Kamera-Monitor-System) angezeigt werden.

Zusatzinformationen

Forschung kompakt 05/13