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Testverfahren zur psychometrischen Leistungsprüfung der Fahreignung

Gemäß der Fahrerlaubnisvorordnung (FeV) müssen folgende Personengruppen besondere Anforderungen hinsichtlich Belastbarkeit, Orientierungsleistung, Konzentrationsleistung, Aufmerksamkeitsleistung und Reaktionsfähigkeit erfüllen: Bewerber um die Erteilung oder Verlängerung einer Fahrerlaubnis der Klassen D, D1, DE, D1E sowie einer Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung und Bewerber, bei denen eine medizinisch-psychologische Untersuchung angeordnet wurde. Zur Prüfung dieser Anforderungen werden in der Begutachtungspraxis unterschiedliche Testverfahren eingesetzt. Ziel des vorliegenden Forschungsprojektes war es, die eingesetzten Testverfahren auf der Basis wissenschaftlicher Kriterien zu bewerten sowie Vorschläge für die Neu- und Weiterentwicklung von standardisierten psychometrischen Leistungstests zur Fahreignungsbegutachtung zu erarbeiten.

Anforderungsbereiche (FeV)Aufmerksamkeitsfunktion basierend auf aktuellen
kognitiven Modellen
Visuelle Wahrnehmung; ReaktionsfähigkeitAlertness; allgemeine Reaktionsbereitschaft; darüber hinaus allgemeine sensorische Verarbeitung
OrientierungSelektive, visuell-räumliche Aufmerksamkeit, das heißt Verschiebung des räumlichen Aufmerksamkeitsfokus
KonzentrationSelektive nicht-räumliche Aufmerksamkeit; Interferenzanfälligkeit; Ausblenden irrelevanter Informationen
AufmerksamkeitExekutive Aufmerksamkeit (Geteilte Aufmerksamkeit; Umstellungsfähigkeit)
BelastbarkeitAufmerksamkeitsintensität (Längerfristige Aufmerksamkeitszuwendung)
ReaktionsfähigkeitAlertness; allgemeine Reaktionsbereitschaft
Reaktionsfähigkeit; KonzentrationsfähigkeitSelektive nicht-räumliche Aufmerksamkeit; Inhibition unerwünschter Reaktionen; Reaktionsselektion; motorische Präzision
KonzentrationsfähigkeitSelektive Aufmerksamkeit; speed-accuracy tradeoff (Balance zwischen Geschwindigkeit und Sorgfalt)

Mögliche Zuordnung der in den Begutachtungsleitlinien genannten psychischen Verhaltensauswirkungen zu aktuellen Modellen der Aufmerksamkeit

Problem

Anlage 5 der Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV) legt Rahmenbedingungen für die Begutachtung von Bewerbern um die Erteilung oder Verlängerung der Führerscheinklassen D, D1, DE, DE1 oder einer Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung fest. Sie sieht unter anderem Tests hinsichtlich der Belastbarkeit, der Orientierungs- und Konzentrationsleistung, der Aufmerksamkeit und der Reaktionsfähigkeit vor. Die für diese Untersuchungen einzusetzenden Testverfahren werden in der FeV jedoch nicht benannt. Zielsetzung der Untersuchung war daher, die in der Praxis verwendeten psychometrischen Leistungstests auf der Grundlage wissenschaftlicher Kriterien zu prüfen und Vorschläge zur Neu- und Weiterentwicklung standardisierter Tests zur Fahreignungsbegutachtung zu erarbeiten.

Untersuchungsmethode

Kernstück der Untersuchung bildet die kritische Bewertung der derzeit in der Begutachtungspraxis eingesetzten Verfahren zur psychometrischen Leistungsprüfung der Fahreignung. Zu diesem Zweck wurde auf Basis des aktuellen wissenschaftlich-methodischen Forschungsstandes eine Kriterienliste erarbeitet, anhand derer die eingesetzten Testverfahren bewertet wurden. Die Ergebnisse wurden in einem Workshop mit Experten aus der Wissenschaft und Praxis diskutiert und entsprechende Handlungsempfehlungen abgeleitet. Es wurde außerdem der Frage nachgegangen, inwieweit unterschiedliche Hardware- und Softwarekonstellationen der in der Praxis eingesetzten computergestützten Verfahren die Objektivität der Reaktionszeitmessungen beeinflussen können.

Ergebnisse

Ausgehend von einer Literaturrecherche konnte gezeigt werden, dass die in der FeV genannten Anforderungsbereiche zwar unterschiedliche kognitive Bereiche bezeichnen, diese nach heutigem Stand der Wissenschaft jedoch nicht ausreichend theoretisch basiert sind. Neuere, differenziertere kognitive Ansätze werden nicht berücksichtigt (siehe Tabelle). Weiterhin wurde ein erheblicher Optimierungsbedarf der eingesetzten Testverfahren zur Überprüfung der psychometrischen Leistungsfähigkeit festgestellt. Das gilt insbesondere für die Testnormierung und Dokumentation der Testgütekriterien. Bei der Untersuchung des Einflusses unterschiedlicher Hard- und Softwarekonstellationen auf die Objektivität der Reaktionszeitmessungen zeigte sich, dass die zuverlässige Ermittlung von Reaktionszeiten in erster Linie von der grundsätzlichen Eichung eines Testverfahrens abhängt. Computergestützte Leistungstests dürfen daher in vom Hersteller zugelassenen Computerumgebungen bei unterschiedlichen Konfigurationen keinen Messfehler ausweisen, um einen Nachteil für Führerscheinbewerber auszuschließen. Außerdem sollten maximal mögliche Abweichungen und Konfidenzintervalle für zugelassene Konfigurationen angegeben werden sowie Normwerttabellen vollständig einsehbar sein.

Folgerungen

Kurzfristig sollten die eingesetzten Testverfahren anhand vorher festgelegter methodisch-diagnostischer Kriterien überarbeitet und an Stichproben geeicht werden, die für die Grundgesamtheit repräsentativ sind, für die die Leistungsanforderungen gelten sollen. Die Testgütekriterien müssen nachprüfbar angegeben werden. Langfristig sollten aus wissenschaftlicher Perspektive die in Anlage 5 der FeV genannten psychologischen Konstrukte überarbeitet werden. Auch sollten die in der Fahreignungsdiagnostik angewendeten Prozent-ränge als Entscheidungskriterien durch festgelegte Leistungskriterien (absolute Leistungswerte) ersetzt werden, die auf dem Wissen über die Zusammenhänge zwischen Leistung und Fahreignung basieren. Ein unabhängiges wissenschaftliches Gremium sollte die Güte und Zulassung der Testverfahren regelmäßig überprüfen.

Zusatzinformationen

Forschung kompakt 02/10

Bericht

Testverfahren zur psychometrischen Leistungsprüfung der Fahreignung
Berichte der Bundesanstalt für Straßenwesen, Heft M 203, 2009