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Praktische Fahrerlaubnisprüfung - Grundlagen und Optimierungsmöglichkeiten

BASt-Bericht M 215

Dietmar Sturzbecher, Jürgen Bönniger, Mathias Rüdel, Autorengemeinschaft der TÜV/DEKRA Arbeitsgeminschaft Technische Prüfstellen für den Kraftfahrzeugverkehr 21., Dresden
188 Seiten
Erscheinungsjahr: 2010
Preis: 5,00 €

Bestellung eines gedruckten Exemplars beim Carl Schünemann Verlag GmbH

Der vorliegende Bericht wurde in einem Forschungsprojekt der mit der Fahrerlaubnisprüfung beliehenen Technischen Prüfstellen erarbeitet. In diesem Bericht werden die methodischen Grundlagen der praktischen Fahrerlaubnisprüfung beschrieben und die Möglichkeiten zu ihrer Weiterentwicklung analysiert.

Die Aufarbeitung des Wissensstands zur praktischen Fahrerlaubnisprüfung hat erbracht, dass die praktische Prüfung unter methodischen Gesichtspunkten als eine kriteriengeleitete Arbeitsprobe anzusehen ist, die anhand einer Systematischen Verhaltensbeobachtung bewertet wird und in eine binäre Prüfungsentscheidung mündet. Zu berücksichtigen ist, dass diese Arbeitsprobe im motorisierten Straßenverkehr stattfindet, der mit seinen wechselnden Bedingungen (zum Beispiel Witterungsbedingungen, Verkehrsdichte) ein schlecht definiertes Anforderungsfeld ("lebensweltliche Domäne") darstellt, das nur eingeschränkt standardisiert werden kann.

Die praktische Fahrerlaubnisprüfung sollte zur Sicherung ihrer inhaltlichen Validität und zur Erhöhung ihrer Objektivität Prüfungsaufgaben beinhalten, die aus den Anforderungen des heutigen Straßenverkehrs abgeleitet wurden und eindeutig beschrieben sind. Diese Prüfungsaufgaben (vor allem Fahraufgaben und Grundfahraufgaben) wie auch die Beobachtungskategorien, Bewertungskriterien und Entscheidungskriterien sollten hinreichend standardisiert sein. Diese allgemeine Anforderung lässt sich in der lebensweltlichen Domäne des motorisierten Straßenverkehrs aber nur bedingt erfüllen. Für eine handwerklich akzeptable Kompetenzprüfung unter diesen Bedingungen ist daher die Anwendung eines speziellen Prüfungskonzepts erforderlich, das dem Fahrerlaubnisprüfer Handlungsspielräume bei der Gestaltung der Anforderungssituationen und Ermessenspielräume bei der Bewertung des gezeigten Problemlöse- beziehungsweise Fahrverhaltens bietet. Dieses Prüfungskonzept wird durch eine adaptive Prüfstrategie geprägt, die im Rahmen eines zirkulären kriteriengeleiteten Beurteilungs- und Entscheidungsprozess umgesetzt wird. Die Prüfstrategie umfasst fünf Handlungskomponenten des Prüfers: das Planen und Strukturieren der Beobachtungssituation (1), das Beobachten (2) und das Bewerten (3) des Bewerberverhaltens, das Kontrollieren der Bewertungs- und Entscheidungsgrundlagen (4) sowie das Entscheiden über das Bestehen der Prüfung (5). Da die Anforderungssituationen im Straßenverkehr stark variieren, müssen diese Handlungsschritte teilweise mehrfach durchlaufen werden, um zweifelsfrei zu entscheiden, ob die Prüfungsanforderungen unabhängig von ihrer spezifischen situativen Gestalt beherrscht werden. Eine adaptive Prüfstrategie strukturiert in diesem Sinne die Informationssuche und die Informationsverarbeitung der Fahrerlaubnisprüfer. Fachlich und verkehrspädagogisch wertvolle Rückmeldungen an den Bewerber wie auch die Evaluation des Prüfungsverfahrens setzen eine begleitende Dokumentation des Prüfungsergebnisses und der Prüfungsleistungen im Sinne von Fahrfehlern und überdurchschnittlichen Leistungen einerseits sowie von Kompetenzeinschätzungen andererseits voraus.

Für die Umsetzung des dargestellten Prüfungskonzepts wird empfohlen, den bestehenden Fahraufgabenkatalog (einschließlich der Grundfahraufgaben) inhaltlich zu modernisieren sowie ihn zu straffen und zu restrukturieren. Auch die Beobachtungskategorien sollten überarbeitet werden und künftig als Grundlage für einen darauf bezogenen Katalog von Bewertungskriterien dienen. Schließlich sollten die definierten Fahraufgaben, Beobachtungskategorien und Bewertungskriterien in ein Prüfprotokoll integriert werden, dass in elektronischer Form auf den Prüfer-PCs bereitgestellt werden kann.

Die Betrachtung der derzeitigen kontinuierlichen Evaluation der praktischen Prüfung ergab, dass der Schwerpunkt bislang auf Expertenbeobachtungen lag, die durch punktuelle Kundenbefragungen ergänzt wurden. Evaluationsstudien zur psychometrischen Güte der Prüfung (zum Beispiel Analysen zur Beobachterübereinstimmung) wurden bislang nicht durchgeführt. Sie sollten erfolgen, sobald die oben genannten Prüfungsstandards überarbeitet sind und erprobt werden. Darüber hinaus muss die Frage aufgeworfen werden, ob nicht eine neue Balance zwischen den empirischen Evaluationsformen zu suchen ist, da der Beitrag von Audits zur Qualitätssicherung möglicherweise begrenzt ist. Deshalb sollte ein wissenschaftlich basiertes Konzept für die kontinuierliche Pflege, Qualitätssicherung und Weiterentwicklung der praktischen Fahrerlaubnisprüfung entwickelt und mit allen am Fahrerlaubnisprüfungssystem Beteiligten abgestimmt werden.

Neben diesen konkreten Empfehlungen zur mittelfristigen Weiterentwicklung der Prüfung werden im vorliegenden Bericht auch weiterführende Fragen angesprochen. So werden eine stärkere Berücksichtigung der Weiterentwicklung der Fahrzeugtechnik und die Einbeziehung regionaler Unfallschwerpunkte bei der Prüfung diskutiert. Außerdem wird darauf hingewiesen, dass die praktische Fahrerlaubnisprüfung in ein übergreifendes System der Fahranfängervorbereitung eingebettet ist, in dem sie verschiedene Funktionen und ein unterschiedliches Aussehen besitzen kann.

Practical driving licence test - basics and possibilities for optimisation

The present report is the outcome of a research project conducted by the Technical Examination Centres entrusted with driving licence testing. It describes the methodical foundations of the practical driving test and analyses the possibilities for its further development.

A critical appraisal of the current state of knowledge regarding the practical driving test reveals that, from the methodical perspective, the practical test is to be viewed as a criterion-referenced work sample, which is assessed by way of systematic behaviour observation and ends with a binary test decision. It must here be taken into account, however, that this work sample is accomplished in the context of motorised road traffic, whose constantly changing conditions (exempli gratia weather conditions, traffic density) constitute a poorly defined demand profile ("lifeworld domain") permitting only limited standardisation.

To safeguard contextual validity and to enhance assessment objectivity, the practical driving test should comprise tasks which are derived from the demands of present-day road traffic and thereby described unambiguously. Ideally, these tasks (above all driving tasks and basic driving manoeuvres), and likewise the observation categories and all assessment and decision criteria, should be adequately standardised. This general demand, however, can only be met to a narrow extent in the lifeworld demand of motorised road traffic. To nevertheless realise a professionally acceptable test of competence under these conditions, it is thus necessary to develop a special test concept which offers the examiner certain freedoms in his planning of the demand situations and a corresponding scope of judgement for the assessment of the problem-solving or driving behaviour displayed. This concept can be characterised by an adaptive test strategy, implemented within the framework of a circular, criterion-referenced assessment and decision process. The test strategy comprises five action elements on the part of the examiner: Planning and structuring of the observation situation (1), observation (2) and assessment (3) of the behaviour of the test candidate, verification of the basis for assessment and decision (4), and a decision on the test result (5). As the demand situations in road traffic are subject to considerable variation, it may be necessary to repeat individual elements of the action cycle to be able to reach a reliable decision on the candidate's mastering of the test demands, irrespective of their situation-specific form. In this manner, an adaptive test strategy serves to structure information acquisition and processing for the examiner. Substantial and pedagogically valuable feedback to the candidate, and similarly evaluation of the overall test process, at the same time require parallel documentation of the test results in the sense of driving errors and above-average performance, on the one hand, and assessments of the displayed competence, on the other.

To facilitate implementation of the described test concept, it is recommended that the existing table of driving tasks (including the basic driving manoeuvres) be streamlined, restructured and modernised in terms of its contents. The observation categories should also be reviewed, and should in future serve as a basis for a correspondingly referenced catalogue of assessment criteria. Finally, the defined driving tasks, observation categories and assessment criteria are to be integrated into a test report, which can then be made available in electronic form on the examiner's PC.

A consideration of the currently implemented continuous evaluation of the practical driving test showed that the focus is placed on expert observations, complemented by customer surveys in merely isolated cases. Evaluative studies of the psychometric quality of the driving test (exempli gratia analyses of observer agreement) have been neglected to date. Such studies should be commenced as soon as the aforementioned standards has been revised and tested in practice. Furthermore, it must be asked whether a new balance should be sought between the various forms of empirical evaluation, as the contribution of quality assurance audits is possibly limited. To this end, a scientifically based concept for continuous maintenance, quality assurance and further development of the practical driving test must be developed and discussed accordingly with all those involved in the driver licensing system.

Alongside these specific recommendations concerning medium-term further development of the driving test, the present report also addresses a number of broader questions. It is discussed, for example, how driving licence testing could better reflect the ongoing advances in vehicle technology and the significance of regional accident black spots. Attention is drawn, moreover, to the fact that the practical driving test is embedded into an overarching system of novice driver preparation, in which it fulfils a diversity of functions and necessarily varies greatly in appearance.