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Die Bund-/Länder-Dienstbesprechung Brücken- und Ingenieurbau hat auf der Sitzung am 17./18.11.2014 beschlossen, einen eigenständigen Kennwert zur strukturellen Bewertung hinsichtlich der Zukunftsfähigkeit der Brücken entwickeln zu lassen.
Vertreter des Bundes (BMVI, BASt) und der Länder entwickelten fortan gemeinsam die Grundkonzeption des Traglastindexes. Mit dem ARS 09/2020 wurde der Traglastindex am 30.03.2020 offiziell eingeführt.
Der Traglastindex ist ein Vergleich zwischen der Soll- und Ist-Tragfähigkeit eines (Teil-)Bauwerks. Die Solltragfähigkeit wird definiert durch das Ziellastniveau. Dieses ist abhängig von der Verkehrsstärke, der Verkehrszusammensetzung (DTV-SV) und dem Straßenquerschnitt. Die entsprechenden Regelungen finden sich in der Nachrechnungsrichtlinie (NRR). Für Autobahnen wird immer die Verkehrsart „Große Entfernung“ und damit das Ziellastniveau von LM1 (Lastmodel) angenommen. Für Bundesstraßen liegt das Ziellastniveau im Regelfall bei BK 60/30 oder LM1.
Die Ist-Tragfähigkeit entspricht der aktuellen Brückentragfähigkeit. Für nachgerechnete Bauwerke ist diese Tragfähigkeit bekannt. Noch nicht nachgerechnete Bauwerke werden entsprechend der ursprünglichen Bemessung beurteilt. Zusätzlich wurden Defizite der historischen Regelwerke identifiziert, die bei der Ermittlung des Traglastindexes Berücksichtigung finden (siehe Tabelle, Index V).
Die Bewertung erfolgt in 5 Stufen, die zur Unterscheidung zur Zustandsnote mit römischen Zahlen (I bis V) bezeichnet werden.
Index | Beschreibung |
---|---|
I | Die aktuelle, klassifizierte Brückentragfähigkeit entspricht dem geforderten Ziellastniveau oder liegt darüber. Es ergeben sich keine Einschränkungen für die verkehrliche Nutzung. |
II | Die aktuelle, klassifizierte Brückentragfähigkeit liegt in Abhängigkeit vom DTV-SV und der größten Stützweite bis zu einer Brückeneinstufungsklasse unterhalb des Ziellastniveaus. Für die verkehrliche Nutzung sind langfristig, sofern keine Nachrechnung vorliegt, gegebenenfalls weiterführende Untersuchungen durchzuführen. |
III | Die aktuelle, klassifizierte Brückentragfähigkeit liegt in Abhängigkeit vom DTV-SV und der größten Stützweite bis zu 2 Brückeneinstufungsklassen unterhalb des Ziellastniveaus. Für die verkehrliche Nutzung sind langfristig (bis zum Jahr 2035), sofern keine Nachrechnung vorliegt, gegebenenfalls weiterführende Untersuchungen durchzuführen. |
IV | Die aktuelle, klassifizierte Brückentragfähigkeit liegt in Abhängigkeit vom DTV-SV und der größten Stützweite bis zu 3 Brückeneinstufungsklassen unterhalb des Ziellastniveaus. Für die verkehrliche Nutzung sind mittel- bis langfristig (bis zum Jahr 2030), sofern keine Nachrechnung vorliegt, gegebenenfalls weiterführende Untersuchungen durchzuführen. |
V | Die aktuelle, klassifizierte Brückentragfähigkeit liegt in Abhängigkeit vom DTV-SV und der größten Stützweite in der Regel mehr als 3 Brückenklassen unterhalb des Ziellastniveaus. Für die verkehrliche Nutzung sind, sofern keine Nachrechnung vorliegt, gegebenenfalls weiterführende Untersuchungen durchzuführen. Darüber hinaus sind folgende bauart- und materialbedingte Konstruktionsdetails für Brücken mit Einzelstützweiten ab 20 m zu berücksichtigen, bei denen entweder die Bewertung nachfolgender Kriterien noch offen ist oder zu einem negativen Resultat führte und noch keine Gegenmaßnahmen ergriffen wurde: 1. Stahl- und Stahlverbundbrücken
2. Spannbetonbrücken
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Die automatisierte Ermittlung des Traglastindex wurde in das Programmsystem SIB-BW Version 1.93 implementiert. Bei entsprechender Festlegung des Ziellastniveaus kann der Traglastindex so auch für die Straßen des nachgeordneten Netzes automatisiert Anwendung finden.
Da die Zustandsnote das Ergebnis einer äußeren, handnahen Bauwerksprüfung nach DIN 1076 darstellt, ist sie alleine nicht geeignet Tragfähigkeitsdefizite, die aus veralteten Bemessungsvorschriften sowie aus dem extrem gestiegenen Schwerverkehr resultieren, darzustellen.
Mit dem Traglastindex ist es nun möglich, Hinweise hinsichtlich der Dringlichkeit einer Untersuchung einzelner Bauwerke zu erhalten. Aus den Ergebnissen der objektspezifischen Untersuchung kann dann die Notwendigkeit einer Brückenmodernisierung abgeleitet werden. Dabei darf der Traglastindex jedoch nicht als einzige Grundlage für die Reihung von Erhaltungs- und Ertüchtigungsmaßnahmen an Brückenbauwerken dienen.
Vielmehr erfordert eine Priorisierung sowohl die Berücksichtigung des Bauwerkszustandes, der vorhandenen Brückentragfähigkeit sowie weiterer Parameter, zum Beispiel Verkehrsbedeutung der Strecke (unter anderem Korridorbetrachtung in der Brückenertüchtigung), geplante Um-, Ausbau oder Erhaltungsmaßnahmen der Strecke, sowie einer Einbindung in das Erhaltungsmanagement.
Mit der Einführung des Traglastindexes wird durch die Berücksichtigung möglicher Defizite des Brückenbestands ein umfassendes und zudem für Öffentlichkeit und Politik nachvollziehbares, Erhaltungsmanagement gefördert.