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Altersabhängige Anpassung von Menschmodellen für die passive Fahrzeugsicherheit

Bei einem direkten Vergleich der Verletzungsmuster von Verunglückten aufgrund von Verkehrsunfällen mit Frontalaufprall weisen ältere Verkehrsteilnehmer in deutlich stärkerem Umfang Verletzungen des Brustkorbes auf als jüngere. Zur Simulation typischer Verletzungen von über 64-Jährigen wurde für die Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) ein virtuelles Menschmodell des spezifisch alten knöchernen Thorax entwickelt. Durch die Berücksichtigung altersabhängiger geometrischer Faktoren kann bei künftigen Bewertungen von Sicherheitssystemen die ältere Bevölkerung besser repräsentiert werden.

Das Foto zeigt zwei Brustkorbgeometrien basierend auf den durchschnittlichen Rippenwinkeln der ältesten (rot) und jüngsten (blau) Altersgruppen Zwei Brustkorbgeometrien basierend auf den durchschnittlichen Rippenwinkeln der ältesten (rot) und jüngsten (blau) Altersgruppen (Bild: Ludwig-Maximilians-Universität)

Aufgabenstellung

Mehr als jeder fünfte Einwohner Deutschlands ist älter als 64 Jahre, die Zahl älterer Pkw-Insassen wächst. Bei Frontalunfällen erweist sich in dieser Altersklasse die Region des knöchernen Thorax in besonderem Maße als gefährdet. Kaum bekannt sind bislang für diese Altersgruppe charakteristische verletzungsrelevante Faktoren. Im Auftrag der BASt entwickelte die Arbeitsgruppe Biomechanik des Instituts für Rechtsmedizin der Universität München ein numerisches Modell des menschlichen knöchernen Thorax, das insbesondere altersabhängige geometrische Faktoren berücksichtigt. Dieses Modell sollte sowohl die männliche als auch die weibliche Population der über 64-Jährigen repräsentieren und eine Simulation der an diese Altersgruppe angepassten Verletzungsmuster ermöglichen.

Untersuchungsmethode

Eine umfassende Literaturrecherche definierte den aktuellen Kenntnisstand zur Veränderung der Verletzungstoleranz mit dem Alter. Weiterhin wurde eine anthropometrische Studie der Menschmodelle THUMS 3 (Fußgänger und Fahrzeuginsasse), THUMS 4 (Fahrzeuginsasse) und HUMOS 2 durchgeführt. Ziel war ein Vergleich der gängigen Modellmaße mit aktuellen Daten der deutschen Bevölkerung. Auf diese Weise sollte eine Aussage darüber getroffen werden, wie gut die aktuell zur Verletzungssimulation zur Verfügung stehenden Menschmodelle die Varianz der Bevölkerung wiedergeben. Verglichen wurden die Menschmodelle jeweils mit den anthropometrischen Daten der 18- bis 65-Jährigen als Gesamtbevölkerung und der 61- bis 65-Jährigen. In einem weiteren Schritt erfolgte die Erfassung der altersabhängigen Geometrien des knöchernen Brustkorbes auf der Basis von computertomografischen Schnittbildaufnahmen. Der Vergleich konzentrierte sich auf vier Altersgruppen beiderlei Geschlechts, das Durchschnittsalter der über 64-Jährigen betrug 76 Jahre. Aus 126 postmortem und 40 klinischen CT-Datensätzen wurden jene geometrischen Parameter identifiziert, die sich mit dem Alter verändern. Dazu gehören sowohl Winkel der Rippen im Raum und innerhalb des Rippenbogens, eine detaillierte Erfassung von Parametern der einzelnen Rippe, Parameter der Wirbelsäule als Ganzes und einzelner Wirbel sowie des Brustbeins. Weiterhin wurden die Grundmaße des ganzen Thorax untersucht. Die hier gefundenen Altersabhängigkeiten dienten als Eingabeparameter zur Erstellung von insgesamt neun aus dem Menschmodell THUMS 3 gemorphter alter und junger Finite-Elemente Thoraxmodelle. Implementiert wurden hierbei sowohl Durchschnittsmaße als auch extreme Maße.

Ergebnisse

Die Ergebnisse weisen mehrere Parameter aus, die sich im Alter signifikant verändern. Als wichtigste erwiesen sich eine Zunahme der Thoraxtiefe und Thoraxbreite im Alter, die signifikante Veränderung einiger Rippenwinkel im Raum, sowie der Krümmung der sechsten und siebten Rippe. Zudem wird die Wirbelsäulenform kyphotischer und das Sternum am Übergang zwischen Manubrium und Corpus sternii gewinkelter. Die auf Basis der Geometrie-Inputdaten durchgeführten Finite-Elemente Simulationen zeigen einen deutlichen Einfluss der zunehmenden Thoraxtiefe im Alter auf die posteriore Kraft an der Auflagefläche der Rippen sowie die Spannungsverteilung entlang der Rippen. Diese wirkt sich jedoch protektiv aus und dominiert andere Faktoren wie die unterschiedlichen Rippenwinkel. Ein Menschmodell, welches das 75ste Perzentil der Bevölkerung über 64 Jahre repräsentiert, wird als ausreichend aussagekräftig hinsichtlich der im Alter veränderten Geometrie klassifiziert. Da es gleichzeitig als mit angemessenem Aufwand realisierbar angesehen wird, empfiehlt es sich für die Bewertung von Sicherheitssystemen.

Folgerungen

Die Untersuchungen haben gezeigt, dass sich altersbedingte Geometrieveränderungen des Thorax auf die Belastbarkeit des menschlichen Brustkorbes auswirken. Empfohlen wird eine Berücksichtigung der Ergebnisse bei weiteren Forschungen mit numerischen Menschmodellen, bei der Weiterentwicklung von Verletzungskriterien für Dummies sowie bei Evaluierungen des altersabhängigen Schutzpotenzials von Rückhaltesystemen.

  • Kontakt

    Bundesanstalt für Straßenwesen
    Brüderstraße 53
    51427 Bergisch Gladbach
    Info-Service
    Telefon: 02204 43-9101
    Fax: 02204 43-2550
    info@bast.de

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